NRHA Germany
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07.02.2022

Grischa Ludwig beantwortet Eure Fragen rund ums Showen

Grischa Ludwig beantwortet Eure Fragen rund ums Showen

SLIDE IN: Was machst Du gegen Lampenfieber kurz vor einem Turnierstart?

Grischa Ludwig: Es ist tatsächlich ein sehr, sehr, sehr schwieriges Thema, und die Frage ist für mich nicht so einfach zu beantworten. Ich hatte bis Mitte 30 selbst große Probleme mit Lampenfieber und bin damit auch zum Sportpsychologen gegangen, der mir die Angst genommen hat. Man muss lernen, sich selbst einzuschätzen, zu wissen, was man kann und wie gut man tatsächlich ist. Ich habe es geschafft, die Nervosität vor dem Ritt in Druck umzuwandeln, und das hat es für mich sehr viel einfacher gemacht, weil mir der Druck sehr bei der Konzentration geholfen hat. Ich habe mir für mich eine Routine zusammengestellt: Einen Tag vor der Show, bevor ich schlafen gehe, überlege ich mir, wie ich an den Ritt herangehe. Wie arbeite ich das Pferd vor der Show, und wie showe ich schlussendlich, worauf muss ich achten? Am Tag der Show bleibe ich dann genau bei diesem Plan, den ich mir ausgedacht habe, egal was passiert, egal was ich denke, egal, ob ich es in dem Moment für richtig oder falsch halte. Mit der Zeit hat sich herausgestellt, dass ich damit ganz gut gefahren bin. In die Konzentrationsphase, meinen Tunnel, gehe ich erst zehn Minuten, bevor ich in die Arena einreite. Man kann sich Konzentration so ein bisschen wie Gehirn-Yoga vorstellen, es kostet viel Energie. Wenn ich dann in meinem Tunnel bin, spiele ich im Kopf immer wieder durch, wie ich die Prüfung reite, wie ich welche Ecke ausreite, wie ich die Zirkel aufbaue. So habe ich es geschafft, nicht mehr nervös zu sein, denn die eigene Nervosität macht das Pferd nervös und plötzlich macht man Sachen, die man sonst nie machen würde. Deswegen mein Tipp: Bei Gewohntem bleiben und nicht auf der Show noch was Neues ausprobieren. Einfach sein eigenes Ding durchziehen, ganz nach dem Motto: Schuster bleib bei deinen Leisten, dann wird die Nervosität weniger.

SLIDE IN: Was wäre das Schlimmste, das Dir in einer Show passieren könnte?

Grischa Ludwig: Ich muss sagen, da mache ich mir keine Gedanken drüber. Wahrscheinlich wäre das Schlimmste, dass sich ein Pferd verletzt oder den Fuß bricht und fertig aus. Aber so etwas wünsche ich niemanden und erst recht keinem Pferd.

SLIDE IN: Wie sieht für Dich eine perfekte, individuelle Turniervorbereitung aus?

Grischa Ludwig: Individuell sagt es schon aus, das muss jeder für sich selbst wissen. Grundsätzlich ist es so, dass ich es immer von meinem Gefühl abhängig mache. Vor der Euro Futurtiy in Italien war es zum Beispiel so, dass ich die Pferde eine Woche vorher nur noch longiert habe, denn ich hatte das Gefühl, dass sie am Trainingszenit waren. Und es hat sich als goldrichtig herausgestellt. Man muss in sich reinhören: Was darf dem Pferd in der Woche vor der Show nicht abhandenkommen? Und es muss einem bewusst sein, dass jedes Mal wenn man sich aufs Pferd setzt, es einen Schritt nach vorne oder zurück machen kann.

In der Regel ist es so: Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Futurity und Derby Pferden. Gerade die älteren Pferde brauchen nicht jeden Tag das ganze Programm, die wissen, wie es geht. Als Reiter hat man natürlich immer das Gefühl, dass es noch besser geht, aber wenn man ganz ehrlich zu sich ist und die Scores betrachtet, dann sieht man, dass die Bewertungen gegen Ende des Jahres immer schlechter werden. Deswegen ist es wichtig, dass man ältere Pferde viel gymnastiziert und auch mal Ausreiten geht, nur bloß nicht wegstellen! Immer die Kondition halten, aber nicht jeden Tag jedes Manöver trainieren. Bei den Pferden fünf plus, die schon gut geshowt wurden, fange ich erst eine Woche vor der Show an, richtig Manöver zu trainieren. Das lasse ich auch absichtlich ein bisschen schludern und kläre das mit dem Pferd auf dem Turnier, weil ich will, dass das Pferd fokussiert bleibt und mir zuhört.

Bei Futurity Pferden mache ich es genau andersrum. Die Jungen haben noch keine Routine, deswegen achte ich auf der Show darauf, dass sie möglichst nah an ihrem gewohnten Ablauf bleiben und trainiere sie während dem Turnier ganz normal weiter.

SLIDE IN: Was sind die besten Voraussetzungen für einen guten Ritt in der Show?

Grischa Ludwig (lacht): Ein gutes Pferd…. und ein ausgeschlafener Reiter!

SLIDE IN: Wieso hast du dich für die Disziplin Reining und nicht für Cow-Horse entschieden?

Grischa Ludwig: Es schlagen beide Herzen in meiner Brust. Reining gehörte und gehört die Zukunft. Wenn man sich wirtschaftlich und finanziell auf Cow-Horse verlassen muss, dann wird es eng. Bei der Größe des Betriebes, die wir mittlerweile hier haben, habe ich mich irgendwann für eines von beidem entschieden, weil wenn ich was mache, dann richtig, und wenn ich in der Reining erfolgreich bin, dann habe ich erstmal keine Zeit für etwas anderes. Es war klar, dass die Luft im Reining-Spitzensport dünn wird und ich mich voll darauf konzentrieren muss.

Es tut mir immer wieder leid, gerade wenn ich Cow-Horse Ritte anschaue, aber die Zeit wird kommen, dass ich beides mache. Irgendwann werde ich probieren, beides in Perfektion zu machen und dann stellt sich die Frage: Wie weit komme ich, wenn ich beides mache? Die Cow-Horse, in der ich damals gestartet bin und erfolgreich war, ist Lichtjahre entfernt von dem, was die Cow-Horse heute ist. Es wird eine riesengroße Herausforderung, nochmal an die Spitze zu kommen und die Spitze in der Reining zu behalten, aber es würde mich auf jeden Fall reizen.

SLIDE IN: Was gönnst du Deinen Pferden in den Pausen?

Grischa Ludwig: Für mich ist wichtig, dass Leistungssportler eine mentale Pause bekommen, aber keine vitale Pause, weil man weiß, dass ein Körper, der auf hohem Niveau trainiert wird, länger fit bleibt. Mit dem Training entwickelt sich der Körper des Pferdes, und wenn man das Leistungsniveau einmal runterfährt, lässt es sich nicht mehr so leicht hochfahren.

Als mentale Pause sehe ich zum Beispiel Konditionierung an und alles, was Abwechslung bietet, da sind den Ideen keine Grenzen gesetzt. Mal etwas anderes trainieren oder Ausreiten gehen. Das ist auch gut für die Mini-Muskulaturen. Um die auf Spannung zu halten, kann man auch immer wieder auf anderem Geläuf trainieren, zum Beispiel Beine heben, harter Boden, weicher Boden, Abwechslung ist das Wichtigste, damit der Geist frisch bleibt. Das muss man den Pferden gönnen. Das gilt vor allem bei älteren und erfahrenen Pferden. Bei jungen Pferden sieht es anders aus, denn für sie kommt im Training schon jeden Tag was Neues, da ist noch jeder Schritt ein neuer Schritt.

 

Das Interview führte Judith Ressmann.