NRHA Germany
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03.03.2022

Ohne Huaf Koa Pferd

Ohne Huaf Koa Pferd

Seit acht Jahren ist Daniel Schmeidl Turnierschmied auf den großen NRHA Germany Shows. Er kennt den Reining-Sport wie kaum ein anderer und ist bei Reitern und Kollegen gleichermaßen hoch geschätzt. Im Interview mit SLIDE IN verrät er Tipps und Tricks, wie Pferde mit Reining-Beschlag gut durch den Winter kommen.

SLIDE IN: Was ist der größte Unterschied zwischen einem „normalen Beschlag“ und einem Reining-Beschlag?

Daniel Schmeidl: Erstmal ist wichtig zu definieren, was ein „normaler Beschlag“ ist. Ich bevorzuge die Bezeichnung „Freizeitbeschlag“ und würde es als Hufschutz mit einer gewissen Haltbarkeit beschreiben. Dabei muss immer berücksichtigt werden, dass das Pferd korrekt ausbalanciert und der Huf richtig ausgeschnitten wurde.

Der Reining-Beschlag ist dahingegen ein reiner Sportbeschlag, dessen Aufgabe es ist, dem Pferd in den Manövern zu helfen. Der Beschlag dient aber auch der Gesunderhaltung des Pferdes und ist daher eine Kombination aus Verletzungsprävention und Leistungsmaximierung. Als Sportbeschlag ist er nicht ideal zum Ausreiten oder Springen und auch nicht für tiefen Matsch gedacht, denn der Fokus des Reining-Beschlags liegt nicht auf der Haltbarkeit - eher im Gegenteil, im Notfall sollte das Eisen leicht runtergehen, bevor das Pferd sich verletzt.

SLIDE IN: Wie viel Einfluss kannst du durch einen bestimmten Beschlag auf die Manöver nehmen?

Daniel Schmeidl: Mehr als man meinen könnte! Ich hatte schon Kunden, die zu mir gekommen sind mit Pferden, die normalerweise plus 1 stoppen können, die aber plötzlich überhaupt nicht mehr gerutscht sind. Die Pferde waren schon so viel gelaufen, dass gewisse Belastungserscheinungen aufgetreten sind, die wir dann durch frisches Ausschneiden und eine neue Stellung des Pferdes wieder in den Griff bekommen haben. Direkt nach dem Beschlag war es schon wieder viel besser. Meine persönliche Einstellung ist, dass ich eine Lösung finden muss und - Gott sei Dank – musste ich noch nie sagen „Kann ich nicht.“ Es gibt allerdings auch Faktoren, die ein Schmied nicht beeinflussen kann.

SLIDE IN: Woran kann man erkennen, dass der Reining-Beschlag des eigenen Pferdes aktuell nicht zum Pferd, oder auch nicht zum aktuellen Leistungsstand des Pferdes passt?

Daniel Schmeidl: Grundsätzlich lässt sich sagen: Entweder ein Beschlag funktioniert, oder er funktioniert nicht. Manchmal werden mir am Turnier Pferde vorgestellt, die super beschlagen und korrekt gestellt sind, nur eine Kleinigkeit stimmt nicht, und schon läuft das Pferd nicht ganz rund. Ob ein Beschlag passt oder nicht, ist schlussendlich viel intuitives Bauchgefühl. Bei der Einschätzung hilft mir persönlich auch immer meine eigene reiterliche Erfahrung. Wenn man das Gefühl hat, dass das eigene Pferd irgendwie komisch oder anders läuft, würde ich meinen Schmied kontaktieren.

Es kann andererseits auch der Fall eintreten, dass das Pferd schlecht läuft, obwohl der Schmied gerade da war. Dann kann es sein, dass durch das lange Aufhalten etwas getriggert wurde, das nichts mit der Hufbearbeitung an sich zu tun hat. Das Pferd kann sich beispielsweise im Training eine leichte Zerrung geholt haben, und es hat sich durch das Hochhalten des Hufes verschlechtert. In diesem Fall gilt es einen Tierarzt zu kontaktieren.

SLIDE IN: Der Reining-Sport hat sich in den letzten Jahren deutlich professionalisiert, hast du das auch am Beschlag gemerkt?

Daniel Schmeidl: Ich habe keine starke Veränderung gespürt, denn die Ambition war schon immer da. Das Einzige was sich merklich verändert hat, ist die Zucht – weitestgehend zum Positiven. Die Pferde wurden mehr auf Manöver gezüchtet. Außerdem wurde das Richtwesen deutlich vereinheitlicht, das heißt, um einen Score von 75 zu bekommen muss, egal wo auf der Welt, auch eine 75 geritten werden. Das hat vor allem dem europäischen Reining-Sport geholfen, wir haben uns toll entwickelt und können mittlerweile gut mithalten. Allerdings haben wir schon vor zehn Jahren gesagt, dass sich der Sport professionalisiert hat, und wir werden es weiterhin tun, denn der Sport entwickelt sich immer weiter.

SLIDE IN: Wie werden die richtigen Sliding-Eisen für ein Pferd ausgewählt?

Daniel Schmeidl: Es gibt ab Werk verschiedene Größen und Dimensionen von Hufeisen. Doch das Hufeisen wird erst durch unzählige Hammerschläge und Modifikationen zu einem individuell angepassten Hufeisen. Um zu entscheiden, was ein Pferd für Hufeisen benötigt, brauche ich einen Überblick über die Statik und Dynamik des Pferdes sowie die Stellung und Gliedmaßenführung. Steht der Huf eher steil oder flach? Ist das Sprunggelenk gestreckt, steht das Pferd eher x- oder fassbeinig? Außerdem ist es davon abhängig wie das Pferd trainiert wird. Da hat jeder Reiter einen anderen Stil, Wird das Pferd eher in den Stopp gezogen, oder stoppt es locker und frei? Auf dieser Grundlage entscheide ich, welches Eisen ich nehme und was ich damit mache. Man muss sich immer bewusst sein, dass ein Hufeisen allein das Problem nicht löst. Das absolut Allerwichtigste ist das korrekte Ausschneiden. Auf dieser Basis bewegt sich das Pferd, und damit kann ich viel bewegen. An dieser Stelle habe ich die Möglichkeit, das Pferd maximal zu unterstützen. Ansonsten kann ich drunter nageln, was ich will und es wird sich nichts verbessern.

SLIDE IN: Wenn für die Pferde die Winterpause ansteht, lieber Eisen ab oder drauf lassen?

Daniel Schmeidl: Das kommt ganz drauf an. Wenn mein Pferd schon 14 oder 15 Jahre alt ist, ich es ein Mal im Jahr für eine Regio-Show einpacke und es ansonsten einen soliden, guten Huf hat, dann kann das Eisen im Winter runter. Nicht allerdings, wenn das Pferd weiter trainiert wird. Bei einem Pferd, das im Trainingsbetrieb läuft, würde ich im Winter auf keinen Fall die Eisen runter machen. Zum einen kann kein Sliding-Stopp trainieren werden und zum anderen besteht die Gefahr, dass der Huf kaputt geht. Die Idee, die Eisen runter zu machen, damit sich der Huf erholen kann, bringt nichts. Wenn das Pferd korrekt ausgeschnitten und beschlagen ist und der Huf gut gepflegt wird, dann kann das Pferd den Beschlag ohne Probleme drauf behalten. In einer schneereichen Gegend kann das Runternehmen der Eisen im Winter eine bequeme Lösung sein, um das Verletzungsrisiko auf der Koppel zu senken.

SLIDE IN: Im Winter werden die Hufe der Pferde durch Kälte und harte Böden besonders strapaziert, kann ich mein Pferd unterstützen?

Daniel Schmeidl: Die richtige Pflege der Hufe ist sehr wichtig - zu viel pflegen geht eigentlich nicht. Wir Menschen wollen ja auch keine brüchigen und rissigen Hände oder fettige Haare. Doch zu einem gesunden Huf gehört viel mehr. Pferde brauchen gute Haltung, eine ausgewogene Fütterung und Ernährung für einen funktionierenden Stoffwechsel. Dazu kommt dann eine gute Hufhygiene. Das bedeutet für mich, jedes Mal wenn ich bei meinem Pferd bin, kratze ich die Hufe gründlich aus. Sollten sie besonders verschlammt sein, dann spritze ich sie zudem mit Wasser ab. Anschließend können auch Pflegeprodukte aufgetragen werden, allerdings sollte genau auf die Produktzusammensetzung geachtet werden. Insbesondere Huffette enthalten oft Paraffine, die den Huf austrocknen. Mit natürlichen Ölen macht man dahingegen nichts verkehrt, doch es bringt nichts, den gesamten Huf zu kandieren. Stattdessen lieber eine dünne Schicht auf den Kronrand auftragen, wo das Horn gebildet wird. Dafür kann eine alte Zahnbürste zu Hilfe genommen werden. Das ist dann in etwa so, wie wenn wir uns wegen der trockenen Heizungsluft im Winter eincremen.

Für einen gesunden Huf ist auch immer eine saubere und trockene Box wichtig und ein möglichst matschfreier Auslauf. Sobald Abnormalitäten, wie beispielsweise Fäulnis auftreten, sollte ein Schmied kontaktiert werden. Manchmal reicht es schon, ein Foto zu schicken, und er kann vielleicht per Ferndiagnose helfen.

SLIDE IN: Mit welchem Mythos würdest du gern ein für alle Mal aufräumen?

Daniel Schmeidl: Man hört oft: „Entweder ein Pferd kann stoppen, oder nicht“. Diese Aussage kann und will ich widerlegen. Es gibt Pferde, denen der Stopp von Natur aus sehr leicht fällt, andere brauchen mehr Unterstützung, doch jedes Pferd sollte seine Chance bekommen - mit dem richtigen Trainer und dem richtigen Beschlag. Oftmals haben die Pferde das richtige Herz dafür, sie brauchen nur ein Team, das sie unterstützt.

 

 

Das Interview führte Judith Ressmann. Der Text erschien im NRHA Germany SLIDE IN Magazin Ausgabe 01/ 2022.

Foto: Georg Singer